Verschläft der Mittelstand eine Chance?

Ende des vergangenen Jahres beschäftigte jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) einen Chief Digital Officer (CDO) oder eine Leiter:in Digitalisierung. Das waren nur unwesentlich mehr als im Jahr zuvor (19 Prozent). Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 602 Unternehmen in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.

Gleichzeitig gaben 14 Prozent der Befragten an, dass die Einrichtung einer solchen Stelle aktuell geplant sei. Die große Mehrheit (64 Prozent) hat den Angaben zufolge allerdings weiterhin keinen CDO oder eine vergleichbare Position und plant dies auch nicht. Verpasst gerade der Mittelstand hier eine wichtige Chance?

„Definitiv deckt diese Bestandsaufnahme einiges an Entwicklungspotenzial auf“, sagt Thorsten Brunsemann, Client Partner bei InterSearch Executive Consultants am Standort Frankfurt. Denn ab einer Unternehmensgröße von etwa 2.000 Mitarbeitenden lohne es sich in jedem Fall, über einen CDO nachzudenken. „Kleinere Unternehmen haben den Bedarf bislang noch nicht für sich gesehen oder kombinieren Verantwortlichkeiten“, so Brunsemann. Fakt aber ist: 66 Prozent dieser kleineren Unternehmen haben laut Bitkom keine digitale Leitung.

Träger des Top-Managements

Je nach Branche wird die Rolle eines CDO unterschiedlich bewertet. Wo mit großen Datenmengen gearbeitet wird, hat man ihre Bedeutung frühzeitig erkannt und entsprechende Positionen besetzt. Doch die Aufgabe gewinnt an Gewicht, der oder die CDO ist heute einer der wesentlichen Träger des Top-Managements. „Die Zusammenarbeit zwischen CEO, CDO und CIO (Chief Information Officer) wird sich in Zukunft weiter verstärken“, ist sich Brunsemann sicher. Hierbei gebe der CEO die Vision des Unternehmens vor. Der oder die CIO ist verantwortlich für die Technologie des Unternehmens. Er oder sie bewertet und verantwortet den Technologie-Einsatz für den operativen Betrieb und die digitalen Geschäftsprozesse im Unternehmen.

IT-Sicherheit wichtiger denn je

Sowohl die Position des Chief Digital Officer als auch des Chief Information Officer unterliegt einem besonderen Wandel. „IT-Security ist im Moment aufgrund des Ukraine-Krieges und den damit zusammenhängenden russischen Cyberangriffen wichtiger denn je“, weiß Brunsemann. Beinahe täglich gibt es dafür Beispiele, auch aus der Industrie, wo ganze Produktionen lahmgelegt werden. „Das Thema wurde gerade im Mittelstand unterschätzt und man hat zu wenig in diesen Bereich investiert“, sagt der Personalberater. Gleichzeitig mangelte es an Marketing für diese speziellen Aufgaben und Berufsfelder.

Die Digitalisierung ist eines des Kernthemen im Wirtschaftsumfeld. Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung viele der damit zusammenhängenden Aspekte verstärkt oder beschleunigt. So etwa die Kommunikation via Videokonferenz oder Remote Work. Beides wurde zwar schon früher angestoßen, hat sich jedoch erst in den vergangenen zwei Jahren richtig etabliert. Und das sind nur zwei von vielen Beispielen.

Aufgaben eines CDO

Viele der CDOs der ersten Generation sind noch in ihren Positionen tätig. Sie sind Vorreiter und gleichzeitig Umsetzer des digitalen Wandels im Unternehmen. „Da geht es nicht um Details einer Technologie, sondern um die Digitalisierung der Prozesse und Produkte, der Digitalstrategie“, erklärt Brunsemann. Der CDO agiere als ständiger Innovator. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt. Oftmals gilt es noch Silodenken aufzubrechen und das gesamte Management-Team mitzunehmen.

Die Fragestellungen sind etwa folgende: Wie soll die zukünftige Unternehmensstruktur aussehen? Welche digitalen Geschäftsmodelle sind im Unternehmen bereits etabliert und wie können sie gegebenenfalls weiterentwickelt werden? Der oder die CDO analysiert auch, welche Hard- und Software vorhanden sind und wie sie zum Digitalisierungsvorhaben passen – also beispielsweise Cloud oder mobile Anwendungen, Industrie 4.0, Smart Home, Internet of Things. Das heißt der- oder diejenige sollte tiefe Kenntnisse im Bereich von Geschäftsmodellen und -prozessen und möglichst Projektmanagementerfahrung haben.

Letztlich gilt es auch zu schauen, wie qualifiziert die Mitarbeitenden im Unternehmen sind: Wer führt die Teams und wie lassen sich mit den vorhandenen Qualifikationen digitale Veränderungsthemen umsetzen? Idealerweise sollte ein:e CDO von einem festen Team aus Fachexpert:innenen, erfahrenen Mitarbeiter:innen und Talenten unterstützt werden.

Welche Kenntnisse und Erfahrungen sind wichtig für einen CDO?

Der oder die CDO kommt aus dem akademischen MINT-Umfeld mit weitreichendem IT-Wissen und hatte bereits vorher operative Tech-Positionen inne. Er oder sie verfügt über sehr gute kommunikative Fähigkeiten und ein solides betriebswirtschaftliches Wissen. „Das unternehmerische Gen darf nicht fehlen“, ist Brunsemann überzeugt. Dazu kommen Eigenschaften wie Präsentationsgeschick, Überzeugungskraft sowie ein großes Maß an Neugier. Schließlich gilt es, immer an der Spitze der aktuellen Marktentwicklungen zu stehen. CDOs haben immer den Kundennutzen im Blick. Sie müssen mit dem IT-Umfeld genauso gut kommunizieren können wie mit Sales- und Marketing-Profis, darüber hinaus gilt es auch den CFO zu überzeugen. Sie verbinden quasi die verschiedenen Kulturen im Unternehmen.

Über InterSearch Executive Consultants

InterSearch Executive Consultants ist eine der führenden Personalberatungen und spezialisiert auf die Rekrutierung von Führungskräften (Executive Search) und systematische Analysen des Führungskräftepotenzials (Management Audit / Executive Diagnostic). Die 1985 unter dem Namen „MR Personalberatung“ gegründete Gesellschaft ist heute in Deutschland mit drei Standorten in Hamburg, Frankfurt und Köln vertreten und war 1989 Gründungspartner der InterSearch Worldwide. InterSearch agiert heute weltweit im Bereich Executive Search mit über 600 Beratern in über 50 Ländern mit mehr als 90 Standorten.

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