Der Talentpool ist trocken

Krise und Krieg zum Trotz: Die Zahl der offenen Stellen ist derzeit auf einem Rekordhoch. Laut KfW-ifo-Fachkräftebarometer Mai sehen sich gut 44 Prozent der Unternehmen durch den Fachkräftemangel beeinträchtigt, im Dienstleistungsbereich sind es sogar rund 48 Prozent. Fachkräfte seien erheblich knapper als vor der Pandemie, so der Bericht.

„Der Talentpool ist leer gefischt“, sagt Dr. Franz M. Müller, CHRO der Peter/Lacke Holding GmbH im ostwestfälischen Hiddenhausen. Der Mittelständler ist weltweit in zehn Ländern mit 650 Mitarbeitenden tätig. Eine exakte jährliche Personal- und Nachfolgeplanung definiert bei Peter/Lacke die Anforderungen und Kompetenzen des Personals der kommenden drei Jahre. Derzeit sind es Headhunter wie Alexander Wilhelm, Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants in Frankfurt, die für Peter/Lacke vor allem nach Führungskräften suchen.

Active Sourcing unerlässlich

„Als Unternehmen müssen wir immer früher anfangen und direkt an den Markt herangehen“, sagt Müller. Zielgruppe seien junge Menschen mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung, die sich weiter entwickeln wollen. Hier helfe Mund-zu-Mund-Propaganda ebenso wie Active Sourcing. Das Unternehmen will künftig jemanden ausbilden, der oder die sich dauerhaft mit der aktiven und direkten Ansprache vielversprechender Kandidat:innen beschäftigt.

„Dafür müssen wir unseren gesamten Auftritt beachten“, erklärt Dr. Müller. Von Social Media bis zur Website sollten potenzielle Bewerber:innen sehen: Peter/Lacke hat Interesse an uns. Umgekehrt könnten Kandidat:innen nachvollziehen, wie sich Peter/Lacke entwickle. Hinsichtlich des Employer Brandings sei Ehrlichkeit gefragt, erklärt Alexander Wilhelm. Der Personalberater fordert von beiden Seiten Offenheit. „Das Unternehmen muss ehrlich sein mit dem, was es bieten kann, Kandidat:innen sollten offen kommunizieren, wo sie sich überall beworben haben.“

Wirtschaftsnahe Ausbildung fördern

Das KfW-ifo-Fachkräftebarometer rät zur Bekämpfung des Fachkräftemangels unter anderem dazu, die Wirtschafts- bzw. praxisnahe Ausbildung an öffentlichen Hochschulen zu fördern. Ein Schritt, den Peter/Lacke bereits gegangen ist. So vergibt das Unternehmen Stipendien an Hochschulen in Bielefeld, Paderborn und Osnabrück. „Es ist notwendig, sich mit denjenigen zu verbinden, die hier in der Region sitzen“, erklärt der Personalchef. „Aus Hamburg oder München wird kaum jemand nach Bielefeld kommen.“

Sind junge Talente erst einmal an das Unternehmen herangeführt, muss der Kontakt aufrechterhalten werden. „Wir verfolgen den Werdegang auch bei Kandidat:innen, die wir an ein anderes Unternehmen verloren haben“, sagt Müller. „Wir informieren außerdem darüber, wo wir gerade in unserer Entwicklung als Unternehmen stehen.“

 

Fachkräftemangel InterSearch Executive Consultants
Bildcredit: Csaba Mester Fotograf, Dipl.-Des.

Unternehmen müssen agieren und nicht zu spät reagieren, um fortzubestehen

Was aber erwarten Talente heute von ihren Unternehmen? „Nachhaltigkeit darf nicht nur auf der Website stehen, sie sollte gelebt werden“, weiß Dr. Müller. Das sei gerade für junge Leute sehr wichtig. „Flexible Arbeitsmodelle sind ein Muss“, ergänzt Wilhelm und fasst es mit dem Begriff „Wertschätzung“ zusammen. Nur so entstehe eine Bindung ans Unternehmen. Peter/Lacke etwa bietet neben einer Kantine einen kostenlosen Fitnessraum. „Wir wollen zeigen, dass es für die Mitarbeitenden Sinn macht, ins Haus zu kommen, etwa, um hier gemeinsam Spaß zu haben.“ Essentiell sind auch Faktoren wie Weiterbildungs- und Qualifikationsmöglichkeiten sowie marktgerechte Gehälter. „Hier müssen inhabergeführte Unternehmen noch mehr lernen“, meint Wilhelm. „Heute gilt es nicht mehr als Ehre, für einen Betrieb zu arbeiten. Die Menschen wollen nicht nur Geld verdienen und Spaß an der Arbeit haben, sondern auch mit Leidenschaft für das Unternehmen dabei sein.“

 

Viele lokale Aktionen – wie z. B. Radiowerbung und das Heranführen von Schulklassen an Peter/Lacke – zielen auf Kandidat:innen aus der Region ab. Daneben bemüht sich Müller um Fachkräfte aus dem Ausland. „Das ist ein Talentpool, den man heute abschöpfen muss“, sagt er und liegt damit ganz auf der Linie des KfW-ifo-Fachkräftebarometers. Allerdings: Leicht ist das häufig nicht.

Anderen Kulturen öffnen

Deshalb fordert der Bericht schnellere Verfahren zur Erlangung von Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen, kostengünstige Deutschkurse oder die einfachere Anerkennung ausländischer Ausbildungen. Und noch etwas ist wichtig, hat Müller erfahren: „Wir müssen uns anderen Kulturen öffnen und den Menschen eine Chance geben, in unseren Pool hineinzukommen.“ Bei Peter/Lacke geht es also in Zukunft nicht nur darum, den Pool zu befüllen. Es ist genauso wichtig, die Mitarbeitenden im Unternehmen in diesem Prozess mitzunehmen – damit sie zulassen, dass der Pool befüllt wird.

Über InterSearch Executive Consultants

InterSearch Executive Consultants ist eine der führenden Personalberatungen und spezialisiert auf die Rekrutierung von Führungskräften (Executive Search) und systematische Analysen des Führungskräftepotenzials (Management Audit / Executive Diagnostic). Die 1985 unter dem Namen „MR Personalberatung“ gegründete Gesellschaft ist heute in Deutschland mit drei Standorten in Hamburg, Frankfurt und Köln vertreten und war 1989 Gründungspartner der InterSearch Worldwide. InterSearch agiert heute weltweit im Bereich Executive Search mit über 600 Beratern in über 50 Ländern mit mehr als 90 Standorten.

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