Argentinien steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Das Land verzeichnet eine enorm hohe und weiter steigende Inflationsrate, die derzeit bei über 150 Prozent jährlich liegt. Nicht die besten Voraussetzungen für eine Personalberatung. „Natürlich hat diese Situation auch maßgebliche Auswirkungen auf den Kandidat:innenpool und die Anzahl der Suchmandate“, sagt Pablo Rodríguez von InterSearch Argentinien.
„Nur wenige Führungskräfte sind auf der Suche nach neuen Herausforderungen. So gut wie jeder möchte den sicheren Job behalten, aber es bieten sich auch gute Chancen.“ Die Unternehmen, die es sich leisten können, passen die Gehälter laufend an die Inflation an, manche bis zu vier oder sechs Mal im Jahr. Ein attraktives Angebot muss daher mit Leistungen verbunden sein, die auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden abzielen, außerdem Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung und zum beruflichen Aufstieg bieten.
Aufgrund der unsicheren Situation in Argentinien muss also die Suche nach Kandidat:innen noch schneller und effizienter ablaufen als man es in manch anderen Ländern kennt. „Unsere Kund:innen sind unabhängig davon generell sehr fordernd und immer unter Zeitdruck “, berichtet Pablo. Für ihn und seine Kolleg:innen, die seit 2006 Teil des InterSearch Netzwerks sind, hat das eine besondere Herangehensweise zur Folge. „Wir betreuen unsere Kandidat:innen sehr engmaschig und entwickeln ein enges Verhältnis.“
Viele Führungskräfte sind nach Europa ausgewandert
Auch aufgrund der unsicheren Situation sei Argentinien zur „Quelle“ oder zum Kandidat:innenpool für Projekte außerhalb des Landes geworden, sagt Pablo. Gerade viele junge Fachkräfte seien etwa nach Europa oder in die USA ausgewandert. Das kommt nicht von ungefähr, viele Führungskräfte verfügen neben ihrer Muttersprache Spanisch über sehr gute Englischkenntnisse, die Universitäten haben international einen guten Ruf und bieten fundierte Ausbildungen. Die argentinischen Unternehmen müssen also kreativ werden und ihre Mitarbeiter-Benefits verbessern. „Selbst einige Executives erhalten einen Teil ihres Gehalts in Dollar.“
Trotz der unsicheren Rahmenbedingungen ist der Arbeitsmarkt in Argentinien im Wandel begriffen. Sowohl multinationale als auch lokale Unternehmen sind weiterhin aktiv. „Unsere Herausforderung bei InterSearch besteht darin, herauszufinden, warum eine Führungskraft den Job wechseln möchte und diese Wünsche zu adressieren. Wir suchen also nicht nur Kandidat:innen, sondern fungieren auch als eine Art Brücke zwischen den Unternehmen und den Kandidat:innen“, erklärt Pablo.
Er nennt auch einige Beispiele für kürzlich erfolgreich abgeschlossene Suchmandate: ein Werksleiter und ein kaufmännischer Leiter für ein Industrieunternehmen, ein Marketing-Manager und eine Regulierungsmanagerin für ein pharmazeutisches Labor, ein kaufmännischer Leiter für ein Lebensmittelunternehmen, ein Geschäftsführer für ein anderes pharmazeutisches Unternehmen und eine Finanzleiterin für eine Versicherungsgesellschaft.
Im Falle des Industrieunternehmens handelte es sich um die Tochtergesellschaft eines kolumbianischen Unternehmens mit Niederlassungen in Argentinien. Es sei eine Herausforderung gewesen, die Erwartungen und Ziele unter den gegebenen Umständen zu erfüllen, sagt Pablo. Außerdem stehe bei Führungspositionen viel auf dem Spiel, bei solch strategischen Positionen müssten Kunde und Beratungsunternehmen als Team zusammenarbeiten, um die Stelle erfolgreich zu besetzen.
Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben
Während der Corona-Pandemie war Argentinien neben Australien eines der Länder mit den strengsten Restriktionen. Zu Beginn arbeiteten daher alle von zuhause aus. „Das war hilfreich für uns, da auch die Kandidat:innen zuhause waren und Zeit hatten, ungestört mit uns zu sprechen“, sagt Pablo. Auch jetzt finden zumindest die ersten Gespräche weiterhin online statt. „Das erlaubt uns, sehr dynamisch zu arbeiten und noch schneller die Kund:innenbedürfnisse zu erfüllen“, erklärt Pablo.
Viele Angestellte seien allerdings auf der Suche nach mehr Komfort aus den großen Städten wie etwa Buenos Aires gezogen, erzählt Pablo, wer jetzt also wieder ins Büro muss, weil der Arbeitgeber das so möchte, steht häufig im Stau. So hat sich ein neuer Maßstab für Work-Life-Balance entwickelt, beobachtet der Berater: Wie lange brauche ich derzeit, um ins Büro zu kommen, wie lange bräuchte ich im neuen Job? Wie oft muss ich ins Büro? Auch wenn manche Unternehmen das noch nicht so richtig realisieren, Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben, meint Pablo. Wer nur noch einen Tag die Woche Remote Work anbiete, werde auf Dauer keine neuen Angestellten finden, ist seine aktuelle Erfahrung.
Das InterSearch-Team selbst geht mit der Zeit und hat die Wahl, im Büro oder von zuhause aus zu arbeiten. Denn allen Krisen und Unsicherheiten zum Trotz: InterSearch Argentinien blickt optimistisch in die Zukunft. „Wir sind schnell und wir sind flexibel, wir können uns gut auch an herausfordernde Situationen anpassen“, sagt Pablo.