„Unternehmenskultur? Ja, die ist wichtig heutzutage, haben wir aber bereits etabliert.“ So oder ähnlich könnten die Reaktionen in vielen Führungsetagen auf die Frage nach der hauseigenen Unternehmenskultur ausfallen. Aber wie lässt sich eine Unternehmenskultur aufbauen, aber auch leben, gestalten und entwickeln? Muss sie nicht von Zeit zu Zeit überprüft und adaptiert werden?
Schon die Definition der Unternehmenskultur ist komplex. Der amerikanische Organisationspsychologe Edgar Schein unterscheidet drei Ebenen: Strukturen und Prozesse im Unternehmen, Werte und die zu Grunde liegenden Annahmen. Darüber hinaus existieren unter anderem qualitative Kulturtypologien, die beispielsweise nach der internen Strukturierung (Machkultur vs. Personenkultur) oder den jeweiligen Kulturwerten etwa hinsichtlich Kunden- oder Mitarbeiterorientierung differenzieren. Aber auch nach Problemlösungskultur, Lernkultur oder schöpferischer Chaos-Kultur kann unterschieden werden.
Macht sich Investition in Unternehmenskultur bezahlt?
Dass der Entwicklung und Etablierung der Unternehmenskultur oberste Priorität eingeräumt werden sollte, ist in den Führungsetagen angekommen. Inwiefern dies auch zur Gewinnsteigerung beiträgt, ist immer wieder Gegenstand von (wissenschaftlichen) Untersuchungen. Dazu gehören Studien etwa von John Kotter, emeritierter Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, und James Heskett, ebenfalls emeritierter Professor an der Harvard Business School (Corporate culture and performance, 1992), aber auch die Bertelsmann-Studie „Neue Perspektiven zum nachhaltigen Erfolg durch Unternehmenskultur“ im Jahr 2015 und viele weitere.
Unternehmenskultur aufbauen: Vertrauen schaffen gehört dazu
Es kann durchaus sinnvoll sein, sich als Führungskraft coachen zu lassen, um das eigene Verhalten gemeinsam mit einem Coach zu reflektieren. Auch bieten regelmäßige Mitarbeiterbefragungen die Chance, Eigen- und Fremdwahrnehmung abzugleichen und diesen Teil der Unternehmenskultur zu messen. Welches Klima soll im Unternehmen herrschen? Fühlt sich jeder und jede für die Firma verantwortlich? Gibt es ungeschriebene Gesetze?
Wertschätzung, Offenheit und Raum für Autonomie stehen heute für viele Mitarbeitende und potenzielle neue Kollegen und Kolleginnen an erster Stelle. Die Unternehmenskultur ist also entscheidend für die Mitarbeiterbindung und ein wichtiger Faktor im Kampf um Fachkräfte.
Führungskräfte sollten daher eine Vertrauenskultur aufbauen, in der es bedenkenlos möglich ist, etwa mit gesundheitlichen Beschwerden oder dem Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum Chef oder zur Chefin zu gehen und um ein vertrauensvolles Gespräch zu bitten. Umgekehrt sollte eine Führungskraft als Vorbild agieren und beispielsweise von ihren eigenen Kindern erzählen – auch als Mann. Wie viel Nachholbedarf hier noch besteht, zeigte kürzlich die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums von der Prognos AG durchgeführte Studie „Wie väterfreundlich ist die deutsche Wirtschaft“.
Wer passt zu uns?
Für HR wird es in Zukunft trotz Fach- und Führungskräftemangel immer wichtiger herauszufinden, wer zur Unternehmenskultur passt oder wer geeignet wäre, ggf. einen Wandel derselben herbeizuführen. Wie auch immer die Aufgabe aussieht: Wir als Personalberatung müssen herausfinden, wer sie erfüllen könnte. Dafür wollen wir die vorhandene Kultur und die Gepflogenheiten erst einmal verstehen, nachvollziehen und uns einfühlen. Dazu sehen wir uns vor Ort um und hören den Mitarbeitenden genau zu. Es ist sehr wichtig, die Menschen und Unternehmen persönlich kennenzulernen. Im Gespräch mit Kandidat:innen können wir dann eventuelle Fallstricke aufzeigen und umgekehrt auch den Unternehmen empfehlen, dass sie sich nicht verstellen sollten.