Executive Search in Deutschland ist prozessgetriebener
Jo Heirman ist nicht nur Client Partner mit Fokus auf Consumer Goods & Retail bei Schelstraete Delacourt Assiocates in Belgien, sondern auch Head of Consumer & Retail Europe im internationalen InterSearch Netzwerk. Dadurch ist er sowohl mit dem belgischen als auch dem europäischen Executive Search Markt vertraut. Gravierende Unterschiede zwischen dem Executive Search Business in Belgien und Deutschland oder anderen nordeuropäischen Ländern sieht Heirman nicht. „Wenn ich einen Unterschied zum Vorgehen in Deutschland benennen müsste, wäre es höchstens, dass wir in Belgien im Recruitment weniger prozessgetrieben sind. Ich sehe unseren Ansatz eher als pragmatisch und flexibel, maßgeschneidert für die Bedürfnisse und kulturellen Befindlichkeiten unserer Kunden. In Belgien sei es außerdem die Regel, Kandidat:innen nach ihren Gehaltsvorstellungen zu fragen und nicht mit einem festen Gehaltsangebot des Auftragsgebers in den Prozess zu starten.
Was macht das InterSearch Netzwerk so kollaborativ?
Viele Mitglieder von InterSearch sind unabhängige Executive Search Consultants, die Eigentümer ihrer eigenen Firmen sind. Dies sorgt für eine Beständigkeit und langfristige Beziehungen zwischen den Consultants der verschiedenen Länder. Zusätzlich werden die Bindungen bei jährlichen internationalen Konferenzen und gemeinsamen Research-Projekten gestärkt. Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Bei globalen Suchen eröffnet sich durch das große internationale Netzwerk sofort eine große Zahl an potenziellen Kooperationspartnern in den Zielländern, die mit der Business-Kultur vor Ort vertraut sind, die Landessprache sprechen und den Markt wie ihre Westentasche kennen. Der oder die Kund:in vor Ort schätzt die persönliche Betreuung durch einen nationalen Ansprechpartner, der aber über die Ressourcen verfügt, die besten Kandidat:innen in jedem Land auf der Welt zu finden. InterSearch-Mitglieder haben die Möglichkeit, sich aus dem Netzwerk die Partnerfirmen auswählen, die perfekt zu ihrem internationalen Suchauftrag passen. Während einer der Partner das beauftragende Unternehmen genau kennt, hat der andere die nötige Erfahrung im Zielmarkt. Die daraus entstehende Synergie sei es, die es InterSearch als globales Netzwerk ermögliche, maßgeschneiderte Lösungen für jede denkbare Personalsuche anzubieten, erklärt Heirman. Schließlich ginge es nicht nur um das Wissen und die Kompetenzen des oder der Kandidat:in, sondern auch darum, ob es kulturell ein „guter Fit“ ist.
Die richtigen Kompetenzen für komplexe globale Suchen
Ein perfektes Beispiel für diese Kooperation ist für Heirman die Suche eines belgischen Süßwarenherstellers nach einem globalen Research and Development Director. Der Zielmarkt war global, es gab jedoch auch ein konkretes Zielunternehmen in Korea. Aus diesem Grund wurden Kandidat:innen sowohl in Europa als auch in Asien gesucht. InterSearch Belgien konnte hier auf die Expertise von InterSearch Korea zurückgreifen. „Korea ist ein Land, wo man tatsächlich auf einen lokalen Partner angewiesen ist, der nah am Markt ist und die Landessprache spricht“, erklärt Heirman. Während InterSearch Belgien also den europäischen Markt suchte, war der koreanische Partner in seinem Markt aktiv. „Diese globalen Suchen können sehr komplex sein“, sagt Heirman. Besonders der Zugang zum japanischen Markt gestaltete sich häufig als schwierig: „Wir hatten zum Glück einen Kollegen im Unternehmen, der Japanisch sprach. Sonst wäre es sehr schwierig geworden, in Japan erfolgreiche Suchen durchzuführen.“ Er ergänzt: „Wenn man in Japan ein Recruiting-Gespräch auf Englisch geführt hat, spürte man sofort, dass eine gewisse Distanz aufgebaut wird. Dazu kommt noch, dass japanische Angestellte extrem loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber sind und nur äußerst selten den Job wechseln. Man braucht also nicht nur die Sprachkompetenz, sondern vor allem auch die kulturelle Kompetenz, um dieses heikle Thema feinfühlig zu manövrieren.“
Die Zukunft von Executive Search ist geprägt von Kandidatenmärkten und Digitalisierung
Wie entwickelt sich die Personalsuche in Belgien in Zukunft? Heirman beobachtet dort aktuell einen Kandidatenmarkt: Unternehmen fahren ihren Betrieb nach der Pandemie wieder hoch und suchen qualifizierte Manager:innen. Es gibt also genügend Aufträge, aber die wenigen Kandidat:innen sind umkämpft – eine Beobachtung, die aktuell auch Heirmans deutsche Kolleg:innen machen. „Die Herausforderung ist also nicht, Aufträge zu bekommen, sondern Kandidat:innen, die möglicherweise in mehreren Recruiting-Prozessen gleichzeitig stecken, vom eigenen Kunden zu überzeugen.“ Eine zunehmende Flexibilität beim Arbeitsort vergrößere für viele Unternehmen, die bereit sind, diesen Schritt zu gehen, den Kandidat:innen-Pool. Heirman sieht außerdem großes Potenzial zur Digitalisierung in den ersten Schritten des Recruiting-Prozesses: „Vor allem in internationalen Suchen kann die Auswertung und Priorisierung von Kandidat:innen im ersten Schritt komplett digital. Aber es wird später immer den Face-to-Face-Aspekt geben, bei dem sich die Stakeholder:innen und Kandidat:innen persönlich treffen.“ Die zwischenmenschliche Komponente werde bei Executive Search immer unverzichtbar bleiben.
Jo Heirman
Jo Heirman ist seit 10 Jahren bei Schelstraete Delacourt Assiocates, dem größten unabhängigen Executive-Search-Unternehmen in Belgien, tätig. Als Client Partner und Head of Consumer & Retail Europe im internationalen InterSearch Netzwerk arbeitet er vor allem im Bereich Consumer Goods & Retail. Heirman hat einen PhD in altgriechischer Literatur.
Belgien in Zahlen:
BIP: 513,1 Mrd. USD
Wirtschaftswachstum -6,4 % im Vergleich zum Vorjahr
Pro-Kopf-Jahreseinkommen: ca. 44,529 USD
Inflationsrate: 0,4 % im Vergleich zum Vorjahr
Arbeitslosenquote: 5,6 %
Erwerbsquote 64,7 %
Beschäftigte im Dienstleistungssektor: 78,42 %
Quelle: Statista 2020 / Eurostat 2020