Herausforderung Personalgewinnung: So binden Traditionsunternehmen junge Talente

Bis heute gilt der deutsche Mittelstand als der Motor und Rückgrat unserer Wirtschaft. Viele Familienunternehmen sind globale Marktführer in ihrer Branche oder gelten international als Hidden Champions. Dabei stellen das Hauptkapital dieser Unternehmen oftmals die hochqualifizierten Fach- und Führungskräfte dar, die über Jahre hinweg Garant sind für Effizienz, Qualität und Innovation und somit den mittel- und langfristigen Erfolg des Unternehmens sicherstellen. Oftmals sind diese Unternehmen mit der Region verwurzelt und sichern für große Einzugsgebiete eine hohe Prosperität und stabile Arbeitsplätze. Insbesondere in inhabergeführten Firmen sind es vor allem die Gründerfamilien, die für diese Werte stehen, Identifikationspotential bieten und Langfristigkeit und Verlässlichkeit verheißen.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: In vielen Traditionsunternehmen, oftmals gerade in sehr erfolgreichen, finden sich über Jahrzehnte gewachsene Prozesse, Strukturen und Hierarchien. Dies hat vor allem Auswirkungen auf den Bereich Human Resources im Allgemeinen und das Recruiting im Speziellen. Der Arbeitsmarkt hat in den vergangenen Jahren durch die Globalisierung und Digitalisierung einen starken Wandel erfahren und das Tempo dieses Wandels steigt stetig an.

Junge, gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte sind hoch begehrt, werden händeringend gesucht und entsprechend umworben. Dies führt zu einer Disruption des Arbeitsmarktes. Wo man früher in der Region als Ankerunternehmen, insbesondere im ländlichen Wirtschaftsraum, sicher sein konnte, dass aus der Umgebung genug Fachkräfte gewonnen werden konnten und auch junge Führungskräfte auf der Suche nach sicheren Arbeitsplätzen die Vorteile eines stabilen Umfeldes zu schätzen wussten, so haben sich die Zeiten aufgrund einer erhöhten Mobilität der Arbeitnehmerschaft auf der einen Seite, auf der anderen Seite wegen einer sich radikal verändernden Wirtschaftsstruktur deutlich gewandelt. So sind neben etablierten Konzernen vor allem ausländische Unternehmen und Start-Ups als Konkurrenten um Arbeitnehmer immer stärker in den Fokus gerückt. Dazu ist es heute deutlich üblicher als früher, dass der Verbleib in der Heimatregion bei der Wahl des Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes eine weniger hohe Priorität einnimmt. Neben der Urbanisierung und demografischen Entwicklung in Richtung Ballungszentren ist ebenfalls ein höherer Austausch zwischen den Metropolen und wirtschaftlichen Hot Spots zu beobachten.

Dies bedeutet in der Konsequenz, dass viele Dinge, die früher ausreichend waren, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, dies heute jedoch nicht mehr tun. Die Fragen, die sich nun stellen, müssen also immer sein: Was hilft und was stört bei dem Ziel erfolgreichen Recruitings und Retentions?

Für Führungskräfte sind dies oftmals die Themen Management und Hierarchie: Häufig noch geführt durch Mitglieder der Gründerfamilie, herrschen in Traditionsunternehmen nicht selten klassische Top-Down-Management-Ansätze vor, bei denen „in der Linie“ Beschlüsse von oben nach unten durchgereicht werden. Viele der jungen Top Fach- und Führungskräfte suchen jedoch bereits zu Beginn der Karriere Möglichkeiten, sich und ihre Fähigkeiten direkt stärker einzubringen. Sie suchen flache (oder zumindest flachere Hierarchien), wollen partizipieren an Entscheidungsprozessen und Dinge bewegen. Finden sie diese Möglichkeit nicht, stellt sich schnell Frust ein und die (zumindest innere) Kündigung lässt vor allem bei zunächst hoch motivierten Mitarbeitern nicht lange auf sich warten. Zwar stellen zu flache Hierarchien manchmal eine Gefahr für ein Unternehmen dar, weil ohne entsprechende Führung Ziele durch Friktionen in Prozessabläufen verfehlt werden können. Doch ein zumindest teilweiser Paradigmenwechsel hin zu agileren Entscheidungswegen und mehr Offenheit für Ideen von außen ist gerade für Traditionsunternehmen ein unumgänglicher Schritt, um nicht in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt den Anschluss zu verlieren.

Ein weiteres Problem stellt oftmals der fehlende Employer Brand auf überregionaler Ebene dar. Hidden Champions tragen nicht ohne Grund das Adjektiv hidden im Namen, da sie, wenn auch extrem erfolgreich, außerhalb ihrer Branche und Region nur wenigen Menschen bekannt sind. Um dies auszugleichen benötigt es ein aktives, innovatives Personalmarketing, das auf verschiedenen Plattformen, sei es an Schulen und Universitäten, auf Absolventenmessen oder in den sozialen Medien potentielle neue Mitarbeiter nicht nur informiert, sondern für einen Arbeitgeber begeistert. Dabei kommt es auf mehr an, als nur die Vorzüge sicherer Arbeitsplätze oder hervorragender Produkte anzupreisen. Vielmehr muss eine Einzigartigkeit der Kultur, des Arbeitsumfelds und der Perspektiven herausgestellt werden. Hierbei geht innovatives Personalmarketing über einfaches Werben hinaus. Es muss vielmehr strategisch die Weiterbildungsmöglichkeiten und langfristigen Karrierewege nicht nur aufzeigen, sondern mitgestalten. Nur so lassen sich langfristig High Potentials binden. Neue Arbeitsmodelle wie Teilzeit und Home Office müssen ebenso als Marketing-Tools angesehen werden, wie die Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum, Kinderbetreuung oder Freizeitmöglichkeiten. Dies bedeutet Aufwand und erfordert entsprechende Strukturen im HR-Bereich, die oftmals nicht gegeben sind oder für die erst spät eine Notwendigkeit erkannt wird. Hier sind Konzerne und Start-Ups oft schneller und besser aufgestellt, da ein externes Top-Management eher dazu neigt, Innovationen im nicht selten noch als reine Kostenstelle angesehenen Personalbereich zuzulassen, statt auf Altbewährtes zu setzen. Auch hier besteht für viele Familienunternehmen durchaus Nachholbedarf und die Notwendigkeit einer Veränderung.

Hinzu kommt die enorme Relevanz von Diversität. Gut ausgebildete Mitarbeiter sind heutzutage in technischen Berufen nicht mehr vornehmlich männlich und deutsch. Vielmehr gewinnen Unternehmen, die sowohl in Bezug auf Geschlecht und Herkunft auf Vielfalt setzen, im Vergleich zu sehr homogen aufgestellten Unternehmen. Andere Sichtweisen und verschiedene Blickwinkel erhöhen letztlich nur die Präzision des Gesamtbildes, was einer der Gründe ist, dass Unternehmen mit hoher Diversifizierung regelmäßig die vorderen Plätze in Rankings zu Innovationskraft, Mitarbeiterzufriedenheit und Unternehmenswachstum einnehmen. Wieder gilt, dass dies aktiv gewollt sein muss und in diese Strukturen ebenfalls investiert werden muss. Mittel der Gewinnung und Integration solcher Mitarbeiter in das Unternehmen können hier einerseits Sprachkurse oder interkulturelle Trainings sein, andererseits flexible Arbeitszeitmodelle oder integrierte Kinderbetreuung.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Rollen zwischen Mitarbeiter und Unternehmen oftmals gedreht haben, wenn es um die besten Fach- und Führungskräfte der Zukunft geht. Nicht mehr der Arbeitnehmer ist der Bewerber, vielmehr muss sich der Arbeitgeber bei Talenten bewerben. Sobald diese Notwendigkeit erkannt wird, haben gerade Traditions- und Familienunternehmen beste Chancen, auch in Zukunft zu den beliebtesten und wichtigsten Destinationen für junge Talente und High Potentials zu gehören. Ein innovatives und erfolgreiches und dabei immer noch familiäres und sicheres Umfeld als Alleinstellungsmerkmale sind schließlich nicht das schlechteste Aushängeschild für den familiengeführten Mittelstand.

Über InterSearch Executive Consultants

InterSearch Executive Consultants ist eine der führenden Personalberatungen und spezialisiert auf die Rekrutierung von Führungskräften (Executive Search) und systematische Analysen des Führungskräftepotenzials (Management Audit / Executive Diagnostic). Die 1985 unter dem Namen „MR Personalberatung“ gegründete Gesellschaft ist heute in Deutschland mit drei Standorten in Hamburg, Frankfurt und Köln vertreten und war 1989 Gründungspartner der InterSearch Worldwide. InterSearch agiert heute weltweit im Bereich Executive Search mit über 600 Beratern in über 50 Ländern mit mehr als 90 Standorten.

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